Mein Antrieb ist ein grundsätzlicher Gestaltungsdrang, der oft als Lust am Spiel bezeichnet wird, aus meiner Sicht den schöpferischen Grundantrieb bedeutet, der nur dem Menschen eigen ist. Dieser Drang ist zunächst vollkommen wertfrei und ziellos, gilt aber als die kulturerzeugende Kraft, ohne die menschliches Leben im Grunde nicht möglich ist. Kultur bedeutet deshalb nicht, wie im derzeitigen Allgemeinverständnis vermittelt wird, eine Folge oder Auswirkung des menschlichen Daseins, sondern dessen Ursache und wesentliches Merkmal.

     Die Bewußtmachung dieser Beweggründe wirkt sich auch direkt auf Arbeitsweise und Motivwahl aus. Rein praktisch gesprochen, ist der Versuch der bildnerischen Übermittlung des Urantriebes Thema und Zustandekommen meiner Arbeiten zugleich.

     Um nicht mißverstanden zu werden: All meine Beschreibungen sind Versuche, meine Arbeit nachträglich in Worte zu fassen. In der Realität laufen diese Prozesse unterbewußt ab. In diesem Sinne kommen gerade Musik und Bildender Kunst der große Vorteil der nonverbalen Übertragung von Emotionen und Erkenntnissen zu.

     Thematisch ist für mich das Aufspüren des Grundgehaltes von Ornamentik in deren Herausbildung aus Zeichen und Symbolen – psychologische und soziale Ausdrucksweisen außerhalb der Sprache – ein wesentliches Merkmal, meine Arbeiten zu charakterisieren. In ihrem tiefsten Grunde verbirgt sich in jedem Ornament ein psychologisches, soziales, umfassend gesprochen gesellschaftliches Streben des Menschen, ursprünglich entstanden aus einer archaischen Symbolik.

     Bei meiner Arbeit bringe ich oft Formen unterschiedlicher Herkunft zu neuen Fragestellungen zusammen, um, unter anderem, mein Anliegen um so deutlicher zu machen.

     Auch die im wahrsten Sinne des Wortes hand-werk-liche Prägung meiner Bildbehandlung resultiert aus der Thematisierung der Ursprünge des menschlichen Gestaltungswillens. Deshalb liegt mir serielles Arbeiten im Grundsatz fern, da ich bemerkt habe, daß meine Bestrebung darin besteht, zu Beginn der Bearbeitung eines jeden neuen Bildes von vorn anzufangen. Das ist ein aufreibender Prozeß, jedoch durch eine Arbeitsweise, parallel an mehreren Bildern in unterschiedlichen Stadien zu arbeiten, immer wieder zum Ursprung führend. Die meisten Arbeiten erhalten deshalb manchmal erst nach Jahren ihre letztendliche Gestalt. Die Stilbildung erfolgt dabei durch die persönlichen Wahrnehmungen und Sichtweisen ganz von selbst. Die Beeinflussung von handwerklicher Ausführung und Ausdruck spielt hier eine wichtige Rolle.
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